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  • Parodontitis und Corona: Aufschieben eines Zahnarztbesuchs sinnvoll ?

Parodontitis in Corona-Zeiten: Zahnarztbesuch aufschieben?

 Corona ist mehr in aller Munde denn je. Jetzt in der kalten Jahreszeit steigen die Infektionszahlen. Es ist zwar ein Impfstoff in Sicht, aber noch lange keine Entspannung.

Folglich ist unser Alltag weiterhin von Abstand halten, Schutzmasken in der Öffentlichkeit, Reiseeinschränkungen und Kontaktbeschränkungen bestimmt.

Wir Zahnärzte mussten anfangs lernen, mit der neuen Situation bewusst und vor allem verantwortungsvoll umzugehen. Und mit zunehmender Zeit, die ins Land geht, auch die Konsequenzen für unsere Patienten durchzuspielen.

Bisher haben wir die Lage mit vereinter Teamanstrengung sehr gut im Griff gehabt. Zu keiner Zeit gab es unwägbare Risiken für meine Patienten.

Bis auf wenige Wochen haben wir den Praxisbetrieb weiterhin aufrechterhalten.

Wenn es da nicht die die teils widersprüchlichen Meinungen der Medien zu einem Arzt- und Zahnarztbesuch gäbe, die mich als Zahnarzt schon ein bisschen beunruhigt haben.

Zahnarztbehandlung aufschieben?

Da stand lange die Frage im Raum, bestimmte Zahnbehandlungen zu verschieben oder gar ganz auszusetzen?

Was heißt genau verschieben? So lange bis alles wieder vorüber ist? Wann genau wird dieser Zeitpunkt sein? In 6 Monaten, einem Jahr? Oder wenn die Hälfte der Bevölkerung geimpft ist?

Und was genau heißt notwendig? Was sollte man tun? Und was besser bleiben lassen. Prophylaxe war sofort im Fokus. Zahnextraktionen hingegen hielt man für deutlich weniger verschiebbar.

Und so einige Politiker und manche Medien stellten sogar die Frage, ob Zahnärzte genauso systemrelevant seien wie zum Beispiel Baumärkte?

Als Zahnarzt hatte ich dazu schon immer eine klare Meinung:

Es ist für den Patienten gesundheitsschädlich, eine notwendige Behandlung zu verschieben.

Und um es noch deutlicher zu machen: Im Falle einer Parodontits beispielsweise begrenzt sich der Gesundheitsschaden nicht nur auf die Zähne, der gesamte Organismus kann betroffen sein.

Warum das so ist, wird mein heutiger Beitrag ein Stück weit erklären.

Die Mundhöhle – das Tor für Bakterien und Viren

Seit Corona weiß es glaube ich jeder: Eine Virusinfektion ist überwiegend eine Tröpfcheninfektion. Wir atmen ein. Und das Aerosol, das wir einatmen, enthält den potenziellen Erreger. Damit ist der Mund- und Rachenraum die erste Kontaktfläche für ein Virus.

Im Mund- und Rachenraum gibt es natürliche Barrieren. Dazu zählt man die Nasenhöhle, den Rachen selbst, aber auch Zähne, Zahnfleisch und Zunge gehören dazu. Diese natürlichen Barrieren bremsen zunächst alle von außen kommenden Erreger. Wie zum Beispiel SARS CoV-2, wie das Corona-Virus auch genannt wird.

Umso mehr liegt es in meiner Verantwortung als Zahnarzt, diesen Bereich gesund zu erhalten.

Und Sie ahnen es, eine sinnvolle und erfolgreiche Prävention in Form einer wirksamen Prophylaxe steht dabei an erster Stelle. Eine hervorragende Mundhygiene sorgt für eine gesunde Mundhöhle mit  einer intakten Schleimhaut.

Was bedeutet es, wenn die Immunkompetenz am Entstehungsort der Virusinfektion gestärkt wird? Oder anders gefragt, kann unsere SOLO-Prophylaxe unterstützen, eine Virus-Infektion letztendlich zu vermeiden?

Lassen Sie uns zu allererst einen Blick auf das Zahnfleisch werfen:

Gesundes Zahnfleisch erkennt man an einer rosigen Farbe. Gesund heißt auch gut durchblutet. Wie ein Maßanzug liegt es straff an allen vier Seiten des Zahnes an. So wird der Zahnhals und die Zahnwurzel geschützt. Vor eindringenden Fremdkörpern und natürlich vor krankmachenden Erregern, wie zum Beispiel Viren oder Bakterien.

Im Umkehrschluss ist es naheliegend, dass krankes Zahnfleisch diese Funktion nicht oder nur ungenügend erfüllen kann.

Eine Parodontitis erhöht das Risiko für eine Virusinfektion

Zirka 70% der Deutschen sind davon betroffen. Manche leicht. Manche schwer. Die Rede ist von der Parodontitis. Nicht umsonst bezeichnet man sie als eine große Volkskrankheit, vermutlich nicht nur bei den Deutschen.

Die Endung -itis im Wort Parodontitis steht für Entzündung. Im Mundraum findet man die Entzündung in den Zahnfleischtaschen unterhalb des Zahnfleischsaumes. Subgingival heißt das in unserer Fachsprache. Das Gemeine an Zahnfleischtaschen ist: Sie sind sehr gut durchblutet und gleichzeitig schwer erreichbar. Heißt im Klartext ein wunderbarer Nährboden für Bakterien.

Stellen Sie sich vor, Sie hätten eine handtellergroße offene Wunde. So etwa 40 Quadratzentimeter groß. Komplett entzündet. Würde Sie das beunruhigen? Mich schon.

Die Wundfläche ist tatsächlich in etwa so groß, wenn alle Zähne betroffen sind, Sie also tatsächlich unter einer fortgeschrittenen schweren Parodontitis leiden. So groß wie die Handfläche eines ausgewachsenen Mannes.

Wenn es Sie auch beunruhigt, würden Sie solche Wunde, wäre sie sichtbar, unbehandelt lassen? Ich vermute nicht.

Vermutlich muss ich auch nicht noch einmal wiederholen, wie groß bei einer solchen Wunde die Gefahr einer Besiedelung mit Bakterien oder Viren mit sofortigem Zugang in die Blutbahn ist.

Bei einer Infektion mit Coronaviren würde eine so dramatische Mundsituation den Verlauf der Erkrankung von Anfang an extrem negativ beeinflussen.

Das konnten auch Auswertungen verschiedener Untersuchungen bestätigen:
In vielen Fällen verlief eine Infektion mit COVID-19 bei Menschen mit einem schlechten parodontalen Status, ausgelöst beispielsweise durch eine Parodontitis, dramatisch bis tödlich.

Parodontitis ist eine schleichende Krankheit

Das Verhängnisvolle an einer Parodontitis ist, dass sie kaum jemand sofort bemerkt und sie in den frühen Stadien auch nicht ernst nimmt.  Zuerst verläuft sie nahezu schmerzfrei. Ein leichtes Zahnfleischbluten wird ignoriert, ebenso leichte Schwellungen des Zahnfleisches.

Dann kommt irgendwann der schlechte Atem. Oder sagen wir es deutlich: Mundgeruch. Jetzt werden Sie, wenn Sie Glück haben, schon mal angesprochen. Oder – auch schmerzhaft – der Partner dreht sich weg beim nächsten Kuss.

Dass die Zähne im Laufe der Jahre etwas länger werden, stört Sie dann wiederum nicht. Das ist ja das Alter. Dass Zähne nicht mehr wachsen ist dabei jedem klar. Ok, das Zahnfleisch zieht sich zurück. Hierdurch wirkt der Zahn länger. Über das schon fortgeschrittene Stadium der Parodontitis macht sich immer noch kaum jemand Gedanken.

Doch irgendwann wird es ernst. Spätestens beim Beginn dieses schmerzhaften Ziehens. Jetzt heißt, auf das geliebte Eis zu verzichten und die Tasse Tee etwas abkühlen zu lassen. Bis der Zahn nicht mehr zieht.

Eines Tages ist es dann soweit. Plötzlich sind die Zähne locker, sie wackeln.

Parodontitis-Opfer waren meist zu spät beim Zahnarzt

Ganz plötzlich ist Ihnen klar, dass das nicht mehr gesund ist. Sie gehen zum Zahnarzt. Der untersucht Sie gründlich, schweigt dann erstmal und bestätigt Ihnen dann mit sehr ernster Miene Ihre Diagnose: Sie sind nicht nur einer der betroffenen 70%, sondern auch gleich noch ein schwerer Fall. Sie leiden unter einer schweren Parodontitis.

Und jetzt wird es ernst. Die Aufklärung ist niederschmetternd: Warum wackeln die Zähne? Weil Parodontitis vor allem eine Knochenkrankheit ist, nicht nur eine des Weichgewebes. Und gleich noch einer obendrauf: Der Knochenabbau kann nicht rückgängig gemacht werden. Er kann nur noch aufgehalten werden.

Und nun? Für eine Parodontitis in diesem Stadium gibt es keine Heilung. Lediglich durch die Behandlung der Parodontitis und eine sorgfältige Mundhygiene kann der zahnerhaltende Status gehalten werden.

Wer muss im Hinblick auf Parodontitis und Corona besonders aufpassen?

Den Ergebnissen einer aktuellen Studie zufolge, gibt es eine besondere Risikogruppe für Parodontitis. Menschen, die unter Diabetes leiden. Zu dem erhöhten Risiko für Parodontitis kommt nach neuesten Erkenntnissen auch die erhöhte Gefährdung durch eine Virusinfektion, wie Corona.

So empfiehlt die International Diabetes Federation (IDF), zusätzlich zu den regelmäßigen Untersuchungen bei Diabetes durch Ihren Arzt eine jährliche Bewertung des Mundhygienezustands durch Ihren Zahnarzt. Dadurch sollen Zahnfleischerkrankungen und vor allem Blutungen während des Zähneputzens oder Schwellungen frühzeitig erkannt werden.

SOLO-Prophylaxe für bessere Mundgesundheit

Zugegeben. Man kann für den Film auch ein besseres Drehbuch schreiben. Schwere Fälle von Parodontitis lassen sich vermeiden.

Unser oberstes Ziel ist es, eine Parodontitis gar nicht entstehen zu lassen. Ein gutes Prophylaxekonzept ist eine Kombination aus regelmäßigen Besuchen in unserer Praxis gepaart mit einer wirksamen Zahnpflege und Vorbeugung auch zuhause.

Dieses Konzept heißt SOLO-Prophylaxe. Wir schwören darauf seit Jahren.

Das Gute: zu Terminen in die Praxis werden Sie entsprechend Ihrem Mundhygienestatus einbestellt. Das bedeutet, manche Patienten sehe ich öfter, andere eher selten. Zur zweiten Gruppe gehören meistens diejenigen, die das SOLO-Prophylaxe-Konzept schon lange erfolgreich anwenden.

Falls Sie Diabetiker sein sollten oder seit einiger Zeit unter Zahnfleischbluten, Mundgeruch oder empfindlichem Zahnfleisch leiden, sprechen Sie uns unbedingt an. Denn eine gute Mundhygiene kann hier tatsächlich Leben retten.

Wenn Sie SOLO-Prophylaxe gerne kennenlernen möchten, kommen Sie doch einmal unverbindlich zu einem meiner kostenfreien Vorträge. Termine zum Vortrag SOLO-Prophylaxe finden Sie hier auf der Website.

Wir wünschen Ihnen – trotz Corona – ein friedvolles Weihnachtsfest im Kreise der Familie. Falls Sie sie noch nicht kennen: Lesen Sie doch mal unsere Antikaries-Rezepte für zahngesunde Weihnachten.

Herzlichst

Dr. Hermann Wunderlich und Team

Literatur :

Pitones-Rubio V, Chávez-Cortez EG, Hurtado-Camarena A, González-Rascón A, Serafín-Higuera N. Is periodontal disease a risk factor for severe COVID-19 illness? Medical Hypotheses, Volume 144, November 2020, Preprint doi.org/10.1016/j.mehy.2020.109969

Sampson V, Kamona N, Sampson A. Could there be a link between oral hygiene and the severity of SARS-CoV-2 infections?. Br Dent J 228, 971–975 (2020). doi.org/10.1038/s41415-020-1747-8

Guo, W, Li, M, Dong, Y, et al. Diabetes is a risk factor for the progression and prognosis of COVID‐19. Diabetes Metab Res Rev. 2020;e3319. https://doi.org/10.1002/dmrr.3319

Fadini, G.P., Morieri, M.L., Longato, E. et al. Prevalence and impact of diabetes among people infected with SARS-CoV-2. J Endocrinol Invest (2020). https://doi.org/10.1007/s40618-020-01236-2

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Photo by Michael Dam on Unsplash

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